Die Chicago Bratwa Serie - Buchumschlag

Die Chicago Bratwa Serie

Renee Rose

Drittes Kapitel

Lucy

Ich bin dankbar, dass ich etwas sehen kann und mein Kleid anhabe, als ich zur Bühne zurückkehre. Ich werfe die Kugel in den sich drehenden Kessel. Sie springt hin und her und landet schließlich in einer Einkerbung.

Ich halte den Atem an. Bitte lass es nichts Furchtbares sein.

„Analspiele für Lady Luck“, verkündet DJ Elixxir.

Mein Anus zieht sich bei dieser Ansage zusammen.

Oh Gott.

Dafür bin ich sowas von nicht bereit. Ich bin eine komplette Anal-Jungfrau. Aber wem will ich hier eigentlich was vormachen – ich habe absolut null Erfahrungen in den meisten Dingen auf dem Tapis.

Wenigstens ist die Kugel nicht auf Fisting gefallen.

Oder auf eine der vielen anderen Möglichkeiten, die nicht schlimm genug waren, als dass ich sie als striktes Limit ausgewählt hätte, die mir aber dennoch eine Heidenangst einjagen.

Ich werfe meinem Dom einen verstohlenen Blick zu, aber wie immer ist sein Gesicht ausdruckslos. Immer nur dieselbe kühle Indifferenz.

„Stehst du auf … Analspiele?“, frage ich, als er mich von der Bühne führt. Ich weiß nicht, warum ich versuche, eine Unterhaltung aufrechtzuerhalten. Ich vermute, ich habe einfach das Bedürfnis nach mehr Informationen – irgendwelchen Informationen – darüber, was mich erwartet.

Er zuckt mit den Schultern. „Es ist gut. Gut für dich. Es wird dir gefallen.“

Zweifelnd ziehe ich eine Augenbraue hoch und sein Mundwinkel verzieht sich in ein schiefes Grinsen. „Du glaubst mir immer noch nicht?“

„Langsam fange ich damit an“, muss ich zugeben. Er scheint nicht nur zu wissen, was er tut, sondern auch mich und meine Bedürfnisse besser zu verstehen als ich mich selbst.

Meine Antwort zaubert ein ehrliches Lächeln auf sein Gesicht. „Hab keine Angst, kotjonok. Ich weiß, was ich tun muss, damit es gut wird.“

Wieder betreten wir den Laden, wo er einen kleinen Butt-Plug, Gleitgel und einen Vibrator kauft. Die Verkäuferin hält ihm alle Artikel in einer kleinen Tüte hin, zusammen mit einem wiederverschließbaren Päckchen Desinfektionstücher.

Das finde ich irgendwie beruhigend. Ich habe bemerkt, dass die meisten der Doms ihre eigenen Spielzeuge mitgebracht haben, aber meiner kam mit leeren Händen hierher.

„Bringst du keine eigenen Spielsachen mit?“, frage ich ihn, als wir am Ausgabetresen stehen.

Er schüttelt den Kopf. „Nein.“ Einsilbig. Keine Erklärungen.

Ich versuche es wieder. „Kommst du oft hierher?“

Ich bemerke, wie seine Lippen sich wieder zu einem Grinsen verziehen. „Ist das eine Anmache, Kätzchen?“

„Träum weiter, mein Freund.“

Er wendet sich zu mir. „Oh, ich würde uns nicht als Freunde bezeichnen.“ Sein Lächeln kommt nicht in seinen Augen an. „Jedenfalls noch nicht.“

Mein Herz beginnt, schneller zu schlagen, als sich unsere Blicke treffen. Er mustert mich ausdruckslos, seine blauen Augen verraten nichts außer klarer, scharfer Intelligenz. Mein ganzer Körper wird heiß.

Verdammt.

Dieser Mann wird mir immer attraktiver.

Ich kann mich nicht entscheiden, ob es seine mysteriöse Art ist oder sein Können als Dom. Oder liegt es nur an der männlichen Aufmerksamkeit, mit der er mich überschüttet?

Das ist nichts, wovon ich besonders viel abbekommen habe. Jeffrey war kein besonders sexueller Freund. Ich vermute, deswegen hat Gretchen auch geglaubt, dass dieses Erlebnis mein neues Liebesleben auf Touren bringen würde. Mir eine neue Welt voller Möglichkeiten eröffnen würde.

„Komm, meine Schöne.“ Er nimmt meinen Ellenbogen und führt mich aus dem Geschenkeladen heraus, lässt seinen Blick durch den offenen Raum schweifen.

Alles wirkt plötzlich laut und ablenkend. Ich ertappe mich dabei, wie ich mir fast die Augenbinde zurückwünsche. Die Möglichkeit, meine Welt wieder nur auf den Mann neben mir und auf das, was er mit meinem Körper macht, zusammenschrumpfen zu lassen. So abschreckend ich es auch zunächst gefunden hatte, ich muss zugeben, dass mein Dom weiß, was er tut.

Er geht auf eine der furchteinflößenden Spanking-Bänke zu, aber ein anderes Pärchen nimmt sie zuerst in Beschlag, also führt er mich stattdessen zur Couch. „Ich werde dich über meinen Schoß legen. So ist es intimer, nicht?“

Bei dem Wort intim zucke ich innerlich zusammen.

Weil Intimität möglicherweise nicht gerade mein Ding ist. Wenn es zwischen Jeffrey und mir mehr Intimität gegeben hätten, hätten wir vielleicht nicht Jahre damit verschwendet, nicht voranzukommen. Er hätte gewusst, wie wichtig mir Kinder sind. Oder ich hätte verstanden, dass er kein wirkliches Interesse daran hatte.

Und die Augenbinde hat funktioniert, weil sie mich vor Intimität bewahrt hat. Ich war in meiner eigenen kleinen Welt. Ich musste nicht über den Mann nachdenken, der mich berührt. Über seine Tattoos und Narben. Darüber, mit welchen illegalen Dingen er womöglich sein Geld verdient.

Er setzt sich auf das Sofa und zieht mich kopfüber über seinen Schoß, arrangiert in Ruhe ein Kissen unter meinem Kopf und meinen Schultern.

„Hast du es bequem, kotjonok?“

Ich nicke.

„Ja, Master“, sagt er mir vor.

„Ja, Master.“ Ich grummle es nicht einmal. Vielleicht liegt es an der stetig wachsenden Wertschätzung für die Sorge, mit der mich dieser Mann behandelt.

Er schiebt mir mein Kleid den Rücken hoch und fährt mit seiner Hand über meinen Arsch. In Gedanken stelle ich mir die tätowierten Fingerknöchel vor. Die muskulösen Unterarme. Sein brutales Gesicht.

Sosehr ich mir aufgrund dieser Dinge auch gewünscht habe, dass er heute Abend auf keinen Fall mein Partner wird, ich werde trotzdem feucht, wenn ich nur daran denke. Er ist furchteinflößend.

Und etwas in mir findet das aufregend, selbst während der andere Teil in mir am liebsten davonrennen würde.

Aber er hat schon bewiesen, ein aufmerksamer und zuvorkommender Partner zu sein.

Er zieht mir die Arme auf den Rücken und bindet meine Handgelenke mit einem weichen Stoff zusammen. Augenblicklich fühle ich mich hilflos. Ich wünschte immer noch, meine Augen wären verbunden, aber ich kann mein Gesicht in das Kissen pressen und alles andere ausblenden.

Alles, außer seiner Hand, die meinen Arsch liebkost.

Klatsch!

Ich schnelle fast von der Couch, als er seine Hand auf meine Arschbacke knallen lässt.

So viel härter als erwartet.

Er versetzt auch der anderen Seite einen Hieb, dann noch einmal, links und rechts.

Heilige Scheiße. Ähm, ja. Es tut weh. Ich rutsche auf seinem Schoß hin und her, versuche, den Schlägen auszuweichen, aber er hat seinen Arm um meine Taille gelegt und hält mich fest.

Ich presse die Lippen zusammen, um nicht aufzuschreien, und presse mein Gesicht fester in das Kissen. Er macht immer weiter damit, mir ordentlich den Arsch zu versohlen, bis mein ganzer Hintern brennt.

„Aua“, stöhne ich schließlich.

„Schmerzen können Lust entstehen lassen“, erklärt er mir und lässt seine Handfläche auf meiner heißen Haut ruhen.

Ich bin versucht, ein paar Dinge auszustoßen, die alles andere als damenhaft sind, also presse ich meine Lippen weiterhin fest zusammen.

Er gleitet mit seinem Finger zwischen meine Schenkel und ich bin erschrocken, wie glitschig feucht ich bin. Anscheinend hat er recht. Schmerzen lassen Lust entstehen.

Er reibt mich sanft, seine Berührung ist nachlässig, beinah beruhigend. Empfindungen erblühen zu noch größerer Hitze.

Aber dann spreizt er meine Arschbacken und ich ziehe sie automatisch zusammen. Es ist peinlich. Bloßstellend.

Nicht. Richtig.

Ich kann eine Plastikverpackung rascheln hören und rieche den leicht beißenden Geruch von Desinfektionstüchern. Er säubert die Spielzeuge, die er gekauft hat.

Als ich den Tropfen kalten Gleitgels spüre, der auf meinem Anus landet, zucke ich zusammen. Ich hatte damit gerechnet, abzuwarten – so, wie er mich auch auf das Wachs hatte warten lassen –, aber die runde Spitze des Butt-Plugs drückt augenblicklich gegen meinen Hintereingang.

Ich kneife alles zusammen – meine Augen, meine Pobacken, mein Arschloch.

Er schlägt auf meinen Oberschenkel, was fünfzigmal mehr weh tut als der Hieb auf meinen Hintern.

„Autsch!“, protestiere ich.

„Aufmachen.“

Ich will nicht. Aber ich habe schon gelernt, dass es nichts bringt, sich zu weigern. Ich habe nicht vor, das Safeword zu benutzen, also kann ich mich genauso gut fügen.

Ich atme tief ein und langsam wieder aus, zwinge meinen Körper dazu, sich zu entspannen. Sich zu öffnen.

Er presst den runden Kopf des Plugs gegen meinen Anus und wartet.

Worauf, da bin ich mir nicht sicher.

Aber dann entspannt sich der feste Ringmuskel wie von allein und er schiebt den Plug weiter, als ob er auf genau diesen Moment gewartet hätte.

Wieder bin ich erleichtert, einen erfahrenen Partner abbekommen zu haben.

Ich hasse das Gefühl des Plugs in meinem Hintern. Das Eindringen. Nicht, weil es wehtut, auch wenn es mein Arschloch natürlich etwas dehnt. Aber es ist die Demütigung dieses Dings. Das Gefühl der Unrichtigkeit.

Das Brennen der Dehnung wird größer, als er den Plug weiter hineinpresst.

Ich beginne, mich zu verspannen, aber er macht ein verneinendes Geräusch.

„Akzeptiere den Plug, Kätzchen.“

Ich wimmere ein wenig, als er weiter in mich eindringt, aber sobald er die engste Stelle passiert hat, findet der Plug seinen Platz und das Brennen erlischt. Jetzt verspüre ich nur das Gefühl, völlig ausgefüllt zu sein. Und eine Stimulation an meinem Anus, den der Schaft des Plugs weiterhin aufspannt.

„Braves Mädchen.“

Ich atme noch einmal tief aus. Ich hasse es nicht. Aber ich liebe es auch nicht.

Aber dann beginnt er erneut, mir den Hintern zu versohlen. Der Plug drängt sich in meinen Arsch, lässt noch mehr Reize entstehen.

Automatisch ziehe ich meinen Anus zusammen, aber mit dem Plug an Ort und Stelle wird die Stimulation nur noch größer.

Und verdammt, ich finde es wahnsinnig erregend.

Was sich schrecklich falsch anfühlt.

Er schlägt mir auf die eine Arschbacke, dann auf die andere, lässt mich auf seinem Schoß hin und her hüpfen. Bei jedem Wackeln, jeder Bewegung spüre ich den Plug in mir. Winde mich um den Plug. Es wird immer intensiver. Nicht schmerzhaft – ich spüre das Brennen der Hiebe kaum noch.

Alle meine Sinne sind auf die Empfindungen in meinem Arsch konzentriert.

Er versohlt mir weiter den Hinter – immer stärker. Meine Schenkel spannen sich an, aber ich erkenne, dass er recht hat – ich begrüße den Schmerz nun beinah. Es ist wie das Kratzen eines Juckreizes. Es befriedigt das brennende Verlangen in mir, das mit jedem Moment anwächst.

Dann plötzlich entsteht eine Pause und ich komme zu Atem.

Und dann schnappe ich wieder nach Luft, als Maser R die vibrierende Spitze des Dildos gegen meine Muschi presst. „Oh“, rufe ich überrascht aus.

Ja.

Es ist. So. Gut.

Er versenkt den Vibrator in mir und lässt ihn dort, dann versetzt er mir noch ein paar Hiebe auf den Arsch.

Es ist zu viel. Nicht der Schmerz – die Empfindungen. Alles auf einmal. Der Plug in meinem Arsch, der mit jedem Hieb in mich drängt. Das konstante Vibrieren in meinem Innersten. Die brennenden Schmerzen mit jedem Schlag.

Ich brauche Erlösung.

Unbedingt.

Zu allem Übel fängt er nun an, meinen Arsch mit dem Plug zu ficken und mir mit der anderen Hand weiter den Hintern zu versohlen.

Mir sind die Geräusche peinlich, die ich ausstoße.

Lüstern.

Notgeil.

Rasend.

„Bitte“, flehe ich, auch wenn ich mir nicht sicher bin, worum ich ihn anbettle. Mehr? Weniger? Irgendwas anderes?

Ich weiß nur, dass ich es unbedingt brauche, was auch immer es ist.

„Bitte, Master, darf ich kommen“, sagt er mir vor.

Ernsthaft? Na schön.

„Bitte, Master, darf ich kommen?“

„Da. Komm jetzt, ~kotjonok~. Aber lass mich dein Gesicht sehen.“

Ich kann mich auf nichts konzentrieren außer auf Komm jetzt. Mein Innerstes zieht sich zusammen, meine Pussy klammert sich um den Vibrator.

Er krallt sich meine Haare und zieht sie nach oben, um mein Gesicht in seine Richtung zu wenden, fickt die ganze Zeit über meinen Arsch mit dem Plug.

Ich öffne meinen Mund zu einem stummen Schrei und unsere Blicke treffen sich. Seine Augen sind dunkel, aber ich kann Hitze in seinem für gewöhnlich so kühlen Ausdruck erkennen. Ich ziehe mich um die beiden Phallen zusammen, springe auf seinem Schoß auf und ab und frage mich, wie es wohl wäre, ihn in mir zu spüren.

Werde ich es herausfinden?

Sein Schwanz presst sich hart gegen meine Hüfte. Ich will ihn wieder lutschen. Will ihm dieses unfassbare Vergnügen zurückgeben, das noch immer durch meinen Körper rauscht, der vermutlich längste Orgasmus aller Zeiten.

Woge um Woge der Lust rollen über mich hinweg. Jedes Mal, wenn ich glaube, es ist vorbei, bringt die kleinste Bewegung die beiden Plugs zum Vibrieren und ich komme von Neuem.

„So ist gut, meine Lady Luck. Komm nur immer weiter“, treibt er mich an, lässt die Stöße des Butt-Plugs langsamer werden, hört aber nicht auf. „Jetzt erkennst du den Vorteil darin, deine Befriedigung hinauszuzögern.“

„Oh Gott, ja“, gebe ich zu. Ich mag vielleicht stolz sein, aber ich bin auch bereit einzugestehen, wenn ich falsch lag.

Vor allem, wenn ich so voller Dankbarkeit bin. Und voll von warmer, köstlicher Lust.

Ravil

Ich bin verzaubert.

Ich weiß nicht, was ich an dieser Frau so faszinierend finde, aber zu sehen, wie sie so derart die Kontrolle verliert, lässt mich wiederum völlig die Kontrolle verlieren.

Ich will ihre Nummer haben. Mit ihr zusammen sein. Sie dazu bringen, sich in mich zu verlieben.

Und nichts davon tue ich üblicherweise. Vor allem nicht mit Frauen, mit denen ich in einem Sexclub spiele.

Mache ich nicht. Kann ich nicht. Ich wohne ja noch nicht einmal in dieser Stadt.

Aber es bringt mich durcheinander, wie sehr ich es will.

Ihr makelloses Gesicht ist errötet, ihre Haare ein zerzaustes Chaos.

Aber was mich am meisten berührt, ist die Art und Weise, wie sich ihre Augen in meinen Blick vertiefen. Die verwunderte Ekstase, die in ihnen aufgeblitzt war, als ich ihr einen Orgasmus nach dem nächsten abgerungen habe.

Die Weichheit, die sich jetzt in ihnen ausbreitet.

Wie würde sich diese starke, sexy Frau verändern, wenn ich sie jeden Abend so kommen lassen würde? Wer würde sie dann werden?

Denn Sexualität ist Macht. Und Frauen, die Herrin über ihre Sexualität sind, sind Herrinnen über die Welt.

Ich lasse den Vibrator aus ihr herausgleiten und stelle ihn aus. Dann streichle ich über ihren Rücken, damit sie sich genug entspannt, um den Plug herauszuziehen. Schnell säubere ich die Spielzeuge und stecke sie zurück in den Beutel, in dem ich sie ausgehändigt bekommen habe.

„Komm her.“ Ich helfe ihr, sich auf meinem Schoß aufzusetzen, dann drehe ich ihre Beine nach vorn, damit sie sich in meine Arme zurücklegen kann. „Genieße es einfach für einen Augenblick.“ Ich streiche ihr die Haare aus dem Gesicht, dann fahre ich mit meinen Fingerspitzen über ihren Arm. „Du fühlst dich gut, oder?“

Alles in ihrem Gesicht hat sich verändert. Die Anspannung in ihrem Kiefer ist verschwunden, die Anspannung in ihrem Hals. „So gut“, stimmt sie zu. „Danke.“

Ich greife mit der Hand um ihre Hüfte, schiebe ihr Kleid so weit nach oben, dass ich sie zwischen den Beinen streicheln kann. Nicht, um ihr einen weiteren Orgasmus zu verschaffen, nur um sie zu entspannen.

Ein Beben durchfährt sie und sie stößt ein zufriedenes Geräusch aus – ein leises Summen.

„Was machst du beruflich, Kätzchen? Sagst du es mir?“

Etwas ihrer Reserviertheit kommt zurück und ich bedaure augenblicklich, dass ich so neugierig war. Ich weiß nicht, warum ich überhaupt so neugierig bin. Ich werde diese Frau nie wiedersehen. Es würde keinen Unterschied machen. Sie kann machen, was auch immer ich mir für sie vorstelle.

Sie schüttelt den Kopf.

„Ich hätte nicht fragen sollen“, gestehe ich. „Deine Geheimnisse sind ohnehin Teil deines Reizes.“

Sie blinzelt mich an. „Du findest mich reizvoll?“

Ich nicke. „Sehr.“

„Ich weiß doch noch nicht einmal, was ich hier überhaupt mache.“

Ich lächele sie vielsagend an. „Das ist Teil des Charmes.“ Ich lasse meine Hand unter ihrem Kleid nach oben gleiten und umfasse eine ihrer Brüste. „Hast du Durst? Willst du Wasser? Oder etwa anderes?“

Sie setzt sich auf und mein Körper protestiert gegen die Distanz zwischen uns. Ich hätte sie den ganzen Abend lang ohne Murren im Arm halten können. „Wasser, bitte.“ Sie lächelt mich verlegen an. „Davon kriegt man viel Durst, vom Kommen.“

„Das stimmt.“ Ich hebe sie auf die Füße und stehe auf, dann führe ich sie zu der Bar und bestelle uns beiden eine Flasche Wasser.

„Hat mir gefallen, euch zuzuschauen“, bemerkt plötzlich ein Mann auf der anderen Seite von Lady Luck.

Meine Lippen wollen sich in ein verächtliches Grinsen kräuseln, aber ich halte mich zurück.

Der Kerl beugt sich vor und schaut mich an. „Aber ich hätte diesen Arsch richtig hart gefickt, wenn ich du gewesen wäre.“

Normalerweise habe ich mich vollkommen unter Kontrolle. Ich zeige keine Emotionen, nichts bringt mich aus der Fassung. Aber jetzt blitzt weißglühende Rage durch mich hindurch. Und prompte Vergeltung ist seit jeher Teil meiner Welt.

Meine Hand schnellt vor und legt sich um den Hals des Kerls. „Sei noch einmal so respektlos ihr gegenüber und ich reiße dir deine Zunge aus dem Maul“, warne ich ihn. Dann lasse ich ihn so schnell wieder los, wie ich angefangen habe.

Kaum jemand hat es mitbekommen. Vielleicht sogar nur meine wunderschöne Unterworfene.

Der Mann würgt und hustet, schaut sich Hilfe suchend um, während ich ihm einen mordenden Blick zuwerfe.

Ein lauter Schlag irgendwo in der Nähe lässt mich und alle anderen an der Bar zusammenfahren und sich umschauen. Ein Schild am anderen Ende der Bar ist umgefallen. Aufmerksam wie immer bemerke ich Lady Lucks Bewegung, noch bevor ich mich wieder zu ihr umgedreht habe.

Ich sehe, wie sie eilig, mit wiegenden Hüften davongeht, ihre Haare zurückwirft. Verschwunden ist ihre Weichheit, die sie noch vor einem Moment innehatte.

Jetzt ist sie ganz und gar geschäftig, schreitet in ihren Stilettos mit langen Schritten davon, als ob sie in ihnen auf die Welt gekommen wäre, ihr Rücken steif und gerade wie eine Eisenstange.

Bljad.

Ich laufe ihr hinterher.

Ich will keine Szene machen. Das Black Light hat überall Sicherheitspersonal positioniert und es wird von jedem hier erwartet, Teil der Unterhaltung zu sein. An einem Abend wie diesem gibt es im Black Light so etwas wie Privatsphäre nicht.

Ich muss mich sputen, um Lady Luck einzuholen, ohne ihren Namen zu rufen.

Sie ist in der Nähe des Ausgangs. „Warte.“ Ich erwische ihren Ellenbogen, dann lasse ich sie sofort wieder los, als sie meine Hand abschütteln will. „Lauf nicht davon.“

Als sie sich zu mir herumdreht, glüht Feuer in ihren Augen. „Rot.“

Fuck. Ich lege meine Hand über ihren Mund und schiebe sie gegen die Wand. „Pst. Nicht. Bitte nicht. Es tut mir leid, dass du das sehen musstest. Ich weiß, dass dich das aufgebracht hat. Bleibst du hier und sprichst mit mir darüber?“

Ich nehme meine Hand von ihrem Mund. Ihn zu bedecken war ein direkter Regelbruch des Black Lights. Man darf ein Safeword nicht unterbinden. Ich habe definitiv eine Grenze überschritten, aber ich bin nicht bereit, dieses Ende zu akzeptieren.

Nicht für uns.

Noch nicht.

Sie starrt mich an. „Ich weiß, was du bist.“

Ihre Worte treffen mich wie ein Schlag mitten in die Brust. Härter als ein Hieb von Oleg, meinem begabtesten Vollstrecker. Härter als eine Pistolenkugel in eine schusssichere Weste. Oder der knochenzerschmetternde Hieb des Schlagstocks eines Gefängniswärters.

Ich weiß, was Scham ist. Ich muss mit der Scham über das, was ich getan habe, leben. Die Welt, in der ich aufgewachsen bin, ist brutal. Mit den meisten meiner Verbrechen kann ich leben. Mit ein paar nicht.

Aber die Scham, die mich jetzt durchfährt, ist frisch und mächtig und krallt sich in jede meiner Zellen wie ein Krebs.

„Was weißt du?“ Ich bringe es kaum heraus.

Ihr Blick ist ruhig. Vorhin mag sie nervös gewesen sein, aber ich erkenne jetzt, dass es vor allem der sexuellen Anspannung geschuldet war, der Unsicherheit über ihre Rolle. Jetzt weiß sie genau, wer sie ist. Weiß, was sie durchgehen lässt und was nicht.

Und sie zeigt mir die Grenzen auf.

„Du bist Bratwa. Russische ~Mafija~.“ Ihr Blick fällt auf meine nackten Unterarme, wo die schwarze Tinte meine Zeit im Gefängnis, meine Verbrechen aufzeichnet. „Ich weiß, was diese Symbole bedeuten.“ Sie schluckt. Jetzt kann ich einen Anflug von Angst erkennen. „Du bist ein Mörder.“

Eine einzelne Träne rollt über ihr Gesicht. Das hatte ich nicht kommen sehen. Kein anderer Teil ihres Gesichts sieht so aus, als ob sie weinen würde.

Womöglich ist es der Subdrop von der Szene, die wir gerade hatten. Oder ihr Bedauern darüber, sich mit einem Mann wie mir eingelassen zu haben. Darüber, von mir angezogen zu sein – weil ihr Körper sogar noch jetzt auf mich reagiert. Sie wird weich, dort, wo ich sie gegen die Wand dränge. Als ob es sich richtig anfühlen würde.

Ich wische die Träne mit meinem Daumen ab. Lege meine Stirn auf ihre. „Ja“, gebe ich zu.

Ich fürchte, dass mein Geständnis ihr noch mehr Angst machen wird, aber stattdessen scheint es sie zu beruhigen. Als ob sie nur die Wahrheit gebraucht hätte.

Also gebe ich ihr mehr. Ich teile niemals meine Geheimnisse. Lasse mir nie in die Karten schauen, nicht einmal von meiner eigenen Zelle. Aber jetzt bricht alles hervor. „Ich bin in D.C., um ein Rädchen zu schmieren.“ Ich deute mit dem Kopf in Valdemars Richtung, der gerade eine Sub auf einem Andreaskreuz auspeitscht. „Das Rädchen hat darauf bestanden, dass ich ihn heute hierher begleite, also bin ich mitgekommen.“

Sie rührt sich nicht. Hört sich an, was ich zu sagen habe, als ob sie die Luft anhalten würde.

Gibt es etwas, was ich sagen kann, um ihre Entscheidung zu gehen, bevor wir fertig sind, abzuwenden? Etwas, was ich tun könnte?

Die Träne ist abgewischt, aber ich streichle ihr noch immer über die Wange. Die Tatsache, dass sie es zulässt, ermutigt mich, weiterzugehen. „Ich hatte nie erwartet, jemanden so… Na ja, du bist etwas Besonderes“, gebe ich zu. „Anders. Ich habe unsere gemeinsame Zeit sehr genossen. Und ich glaube, du auch.“

Ihre Wimpern flattern und ich weiß, dass ich zumindest darin ihre Zustimmung habe.

„Es tut mir leid, dass ich die Straßen von Leningrad habe durchscheinen lassen. Ich weiß, was Gewalt ist. Aber ich wollte dir nie Angst machen. Oder dich beleidigen. Es hat mich nur aufgeregt, dich so despektierlich behandelt zu sehen.“

Ich spüre ein Zittern in ihrem Körper aufsteigen. Eine Vibration, ein Beben. Liegt das an ihrer Unschlüssigkeit? Lässt das meine wunderschöne Lady Luck erschaudern? Oder ist es Verlangen?

„Bitte lass meinen Fehler nicht unsere gemeinsame Nacht beenden.“

Sie hat reizende braune Augen. Groß und leicht gebogen.

„Bitte. Du kannst noch einmal das Rouletterad drehen. Es würde mir sehr gefallen, dir mehr Lust zu bereiten, als du jemals erfahren hast.“

„Das hast du schon.“ Es ist nur ein Wispern. Als ob sie es nicht zugeben oder es niemand anderen als mich hören lassen wollte.

Ermutigt lasse ich meine Hand ihre Seite hinuntergleiten. „Es gibt noch so viel mehr, Kätzchen. Nur noch ein einziges Spiel. Bitte bleib. Ich werde niemandem die Zunge herausreißen. Oder es androhen. Versprochen.“

Das ringt ihr ein Lächeln ab und der zentnerschwere Druck auf meiner Brust lichtet sich etwas.

„Bleibst du?“

Sie schlägt die Augen nieder. Dann hebt sie mir ihr Gesicht entgegen. Und zu meinem Schrecken berührt sie mit ihrem Mund meine Lippen.

Ich küsse keine Frauen. Vor allem nicht an einem Ort wie diesem. Ich bin von der Fick-sie-hart-und-dann-geh–Sorte. Aber in dem Augenblick, als ich ihren zurückhaltenden Kuss spüre, bin ich hin und weg. Ich schiebe sie gegen die Wand und mache mich über ihren wunderschönen Mund her. Schiebe ein Bein vielsagend zwischen ihre Schenkel, presse meinen ganzen Körper über ihren, öffne meinen Mund und trinke von ihren Lippen.

Ihr ganzer Körper wird weich, ihre Lippen gierig. Ich spüre ihre Hände auf meinen Armen, die mich drängen, näherzukommen. Ich reibe meine Erektion an der Vertiefung zwischen ihren Beinen, gleite mit meinem Mund ihren Hals hinunter, knabbere an ihrer Schulter.

Sie beißt zurück.

Ich schiebe meine Hüften gegen ihre, plötzlich von dem verzweifelten Verlangen überkommen, sie zu verzehren. Tatsächlich bin ich längst so weit, ein Kondom zu finden, es überzustreifen und sie direkt hier an der Wand zu nehmen, aber sie schnappt nach Luft. „Ja. Okay. Noch ein Spiel.“

Richtig.

Noch ein Spiel.

Das Roulettespiel.

Ich lächle und flechte meine Finger in ihre, rücke mit der anderen Hand meinen drängenden Schwanz zurecht. Neben ihr gehe ich zur Bühne zurück.

Ich bekomme noch eine Szene mit ihr. Ich werde dafür sorgen, dass es gut wird.

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