Kenzo (German) - Buchumschlag

Kenzo (German)

Ivy White

Kapitel 1: Die Bewerbung

REBECCA

Rebecca öffnet die Tür auf und betritt das Büro der Geschäftsleitung. Sie geht in den Empfangsraum und bleibt neben dem weißen Hochglanzschreibtisch stehen. Sie beobachtet, wie die Empfangsdame auf ihrer weißen Tastatur tippt.

Die Empfangsdame schaut Rebecca mit einem freundlichen Lächeln an, und Rebecca entspannt sich ein wenig.

„Hi. Wie kann ich dir weiterhelfen?“

„Ich habe ein Bewerbungsformular für einen Auftrag heute Abend. Mark hat mir gesagt, ich solle herkommen und es hier abgeben“, erklärt Rebecca der Empfangsdame mit leiser Stimme.

Die Empfangsdame kneift die Augen zusammen und beugt sich näher zu ihr hinüber, damit sie verstehen kann, was Rebecca sagt.

Rebecca reicht die Bewerbung über den hohen Tisch hinweg. Die Empfangsdame nimmt sie entgegen und steht auf.

„Du kannst im Wartebereich Platz nehmen.“ Rebecca nickt und geht hinüber in die Ecke mit den Stühlen.

Sie setzt sich und beobachtet, wie die Empfangsdame mit ihrer Bewerbung in der Hand aus dem Zimmer geht.

Die Nachrichten erregen Rebeccas Aufmerksamkeit, als Worte am unteren Rand des Bildschirms erscheinen.

Der Fernseher läuft ohne Ton, und Rebecca weiß, dass sie ihn stumm geschaltet haben, damit das Büro auf alle Mitarbeiter und Kunden wie ein professionelles Arbeitsumfeld wirkt.

„Ich habe einen Schuss gehört. Das Restaurant, in dem wir zu dem Zeitpunkt aßen, war in kürzester Zeit wie leer gefegt, und ehe wir uns versahen, kam Kenzo Robernero aus der Druckerei auf der anderen Straßenseite.“

„Dieser Mann kennt keine Skrupel!“, schreit eine Frau mit schwarzen Haaren in Panik. Sie spricht eine andere Sprache, aber Rebecca kann sie verstehen, weil am unteren Rand des Bildschirms Untertitel eingeblendet sind.

Kenzo Robernero, wiederholt Rebecca in Gedanken, als die Empfangsdame zu ihrem Schreibtisch zurückkehrt.

Sie setzt sich und bittet Rebecca zu sich. Rebecca verzieht das Gesicht, weil ihr Stuhl in dem ansonsten stillen Raum quietscht.

„Alles erledigt“, sagt die Empfangsdame zu Rebecca, die ihr mit einem Kopfnicken dankt.

„Mark wird dir ein Taxi schicken, das dich zum Flughafen bringt. Du wirst ihn heute um fünf Uhr in seinem Haus in Prentonville treffen. Dort bedienst du eine Familie.

„Sie haben einen hohen Betrag für unsere Dienste bezahlt, und Mark erwartet, dass du dich von deiner besten Seite zeigst.“

„Das werde ich“, antwortet Rebecca lächelnd.

Ich konzentriere mich voll und ganz auf meine Pflichten, sagt sie zu sich selbst. Sie nimmt ihre Geburtsurkunde und legt sie zu dem Unterlagenstapel, den sie zusammengestellt hat für den Fall, dass sie sich ausweisen muss.

Sie hat lieber ein paar Unterlagen zu viel mitgenommen, weil sie nicht wusste, ob die Dokumente noch alle gültig sein würden. Rebecca dreht sich grinsend um und verlässt mit zügigen Schritten das Gebäude.

***

Endlich, denkt sich Rebecca, als sie nach Hause kommt.

„Rebecca. Abendessen“, ruft ihre Mutter ihr zu. Sie betritt die kleine Küche mit einem breiten Lächeln im Gesicht, zufrieden mit sich selbst, weil sie einen weiteren Job für die Nacht bekommen hat.

Das bedeutet mehr Einkommen für sie, und sie wird auf jeden Fall in der Lage sein, ihre Miete für den Monat zu bezahlen. Ihre Eltern sitzen am Tisch und essen Pizza.

Rebecca setzt sich auf den Stuhl ihnen gegenüber und hört zu, wie sie über Geld und den Einkauf von Lebensmitteln für die Woche reden.

Sie schlingt das Essen hinunter und verspeist eines ihrer Stücke mit zwei Bissen.

Rebecca entschuldigt sich und macht sich auf den Weg nach oben, um zu packen. Ihre Eltern waren ohnehin nicht sehr an einem Gespräch interessiert.

Ihr Vater ist ein Workaholic, was bedeutet, dass sie und ihre Mutter ihn nie zu Gesicht bekommen. Sie hatte nie eine richtige Beziehung zu ihrem Vater, auch nicht, als sie noch ein Kind war.

Sie schiebt es einfach darauf, dass sie ein Mädchen ist. Ihre Mutter liebt es, sich mit ihrem Vater zu unterhalten, wenn er nach einem langen, anstrengenden Arbeitstag nach Hause kommt, und so vermeidet Rebecca es, sie dabei zu stören.

Rebecca schaut aus ihrem Schlafzimmerfenster, nimmt ihren gepackten weißen Koffer und trägt ihn aus dem Zimmer. Sie sagt ihren Eltern nicht, wohin sie geht.

Sie weiß, dass es ihnen egal ist, was sie tut und wohin sie geht, also geht sie zur Haustür hinaus, schlägt die Tür hinter sich zu und steuert geradewegs auf das Taxi zu.

„Rebecca?“, fragt der Taxifahrer sie und steigt aus dem Fahrersitz. Rebecca grinst und nickt mit dem Kopf.

Er geht zum hinteren Teil seines Autos, öffnet den Kofferraum und hilft Rebecca, ihren Koffer hineinzustellen, bevor er den Deckel sanft zuklappt.

Rebecca klettert auf den Rücksitz seines Autos, aufgeregt, weil sie an einen neuen Ort fliegt. Sie ist noch nie irgendwo hingeflogen und ist froh, dass sie sich vor ein paar Monaten für einen Reisepass entschieden hat.

Sie will sich gar nicht vorstellen, wie sie sich fühlen würde, wenn sie die Stelle ablehnen müsste, weil sie keinen Pass hat.

Der Fahrer rutscht auf seinen Sitz und beschließt, ruhig zu bleiben, getrennt von Rebecca hinter einer Trennwand im vorderen Teil des Fahrzeugs.

Rebecca sitzt da und schaut friedlich aus dem Fenster auf die Bäume und Gebäude, während der Taxifahrer sie von zuhause fortbringt.

Nach einer halbstündigen Fahrt hält das Taxi vor dem Flughafen, und Rebecca steigt gleichzeitig mit dem Fahrer aus.

„Da ist eine Nachricht im System hinterlegt. Mark hat im Voraus bezahlt“, sagt der Taxifahrer zu Rebecca, öffnet den Kofferraum seines Wagens und holt ihren Koffer heraus.

Er schiebt ihn zu ihr hinüber und Rebecca nimmt ihren weißen Koffer in Empfang.

„Danke.“

„Gern geschehen. Einen angenehmen Flug, wünsche ich.“ Der Taxifahrer steigt wieder in sein Auto ein, und Rebecca macht sich auf den Weg zum Check-in.

Rebecca fährt mit der Rolltreppe hinauf und erspäht den Check-in Schalter. Sie geht zum Schalter und erledigt die Formalitäten, woraufhin ein Mitarbeiter sie durch den Flughafen zum Terminal drei führt.

Der Mann sagt nichts und geht vor Rebecca her, die ihren Blick über die verschiedenen Restaurants streifen lässt. Was ich jetzt nicht alles für etwas zu Essen tun würde, denkt sie im Stillen und spürt ihren Magen knurren.

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